Deeskalieren – Technik 2: Die eigenen Gefühle regulieren

Die Amygdala: Was passiert im Streit?

  • Die Amygdala ist Teil des „emotionalen Gehirns“ und steuert die automatische Stressreaktion – bekannt als „Kampf oder Flucht“ (fight or flight). Die beiden Reaktionsmuster können sich situationsabhängig abwechseln.
  • Wird der Streit als Bedrohung wahrgenommen, übernimmt die Amygdala die Kontrolle: Adrenalin wird ausgeschüttet, das Herz schlägt schneller, der Körper ist auf Angriff oder Rückzug vorbereitet.
  • Das Gehirn schaltet in den Überlebensmodus – logisch-rationales Denken ist dann stark eingeschränkt.
Typische „Flight“-Reaktionen im Streit
  • Rückzug, aus dem Raum gehen, Themenwechsel, Abblocken, den Kontakt abbrechen oder das Gespräch möglichst schnell beenden wollen.
  • Emotional spürt man dabei oft Nervosität, einen Drang zu fliehen, Unruhe oder auch das Bedürfnis, „alles hinter sich zu lassen“. Auch innerer Rückzug (emotionales Verschließen, Mauern, In-sich-zurückziehen) ist typisch.
Typische „Fight“-Reaktionen im Streit
  • Aktive, oft aggressive Verhaltensweisen wie lautes Streiten, Angreifen, Vorwürfe, Kritik, ironische oder abwertende Bemerkungen und das Beharren auf dem eigenen Standpunkt.
  • Körperlich äußert sich das durch „Konfrontationsbereitschaft“: man geht nach vorne, erhebt die Stimme, fühlt sich schnell gereizt oder wütend.

Was kannst du tun? Sofort-Hilfe in Streitsituationen

1. Körperliche Reaktion unterbrechen: „Stopp, Atmen, Denken!“

Stopp: Erkenne den Moment, in dem du impulsiv wirst, und sage innerlich „Stopp!“

Atmen: Atme 3–5-mal tief durch (Wichtig ist: länger ausatmen als einatmen! Eine verlängerte Ausatmung aktiviert den Vagusnerv, der eine entspannende Wirkung auf den Körper hat und das parasympathische Nervensystem stimuliert. Diese Übung hilft auch bei Angstzuständen.)

Denken: Versuche bewusst, einen Gedanken zu formulieren („Was ist hier eigentlich los?“) und nicht sofort zu reagieren.

2. „Gefühl-Check“: Sich selbst wahrnehmen
  • Überlege kurz: Was fühle ich gerade? (Wut, Ärger, Enttäuschung, Angst?)
  • Benenne das Gefühl für dich, z. B. „Ich bin wütend, weil …“
  • Die reine Benennung im Kopf hilft, impulsives Handeln etwas zu bremsen („Name it to tame it“).
3. GLT wenn nichts mehr hilft
  • G – Get out: Wenn du merkst, dass du überreagierst: Gehe aus der Situation heraus! Das ist keine Schwäche, sondern ein guter Selbstschutz.
  • L – Let it out: Schreibe kurz auf, was du fühlst / mach etwas Sport / drück dich künstlerisch aus. Dann spüre, ob dein Ärger weniger wird.
  • T – Think it out: Frage dich nach einer Pause: „Was wäre jetzt sinnvoll zu tun oder zu sagen?“

Abschlussquiz:


QUELLEN

zu GLT: Christopher D. Houck et al.: An emotion regulation intervention to reduce risk behaviors among at-risk early adolescents, in: Prev Sci. 2016, 17 (1), S. 71-82.