Welche Rolle spielt Misogynie im Rap?

Misogynie (von griech. misos = Hass und gyne = Frau) bedeutet Frauenfeindlichkeit oder Frauenhass. Der Begriff bezeichnet die Abwertung, Verachtung oder Feindseligkeit gegenüber Frauen. Menschen, die misogyn denken, reduzieren Frauen häufig auf ihr Aussehen, stellen sie als schwach oder minderwertig dar und ordnen sie den Bedürfnissen von Männern unter. Solche Vorstellungen existieren seit der Antike – bereits Aristoteles behauptete, Frauen seien „von Natur aus“ dem Mann untergeordnet. Misogynie zeigt sich bis heute sowohl in individuellen Einstellungen als auch in gesellschaftlichen Strukturen, etwa in der ungleichen Bezahlung von Frauen und Männern.
„Gangsta-Rap ist frauenfeindlich“ – diesen Vorwurf hört man immer wieder.
Tatsächlich werden in vielen Songs Frauen beleidigt, auf ihr Aussehen reduziert oder in untergeordnete Rollen gedrängt.

Aber ist das nur Provokation – oder zeigt Rap damit einfach, wie unsere Gesellschaft ohnehin funktioniert?
Wer genauer hinhört, merkt schnell: Es geht nicht nur um ein paar harte Wörter, sondern um Bilder und Vorstellungen, die tief in unserer Gesellschaft verankert sind. Wenn ein Musikstil, den Millionen Jugendliche täglich hören, ständig dieselben abwertenden Klischees wiederholt, prägt das unser Denken – oft ohne, dass wir es direkt bemerken. Dadurch werden Klischees und Voruteile verstärkt.
Wie hängen Männlichkeit und Misogynie im Rap zusammen?
Der Deutschrap – vor allem der Gangsta-Rap – ist stark männlich geprägt.
Das dort gezeigte Männerbild ist oft einseitig:
- Männer sollen hart, dominant und kontrolliert sein.
- Gefühle, Zweifel oder Schwäche gelten als unmännlich.
Dieses Ideal nennt man toxische Männlichkeit:
Es schadet nicht nur Frauen, sondern auch Männern selbst, weil es keinen Raum für andere Arten von Männlichkeit lässt, wie zum Beispiel queere Menschen.
Neue Stimmen im Rap
Rap verändert sich!
Immer mehr Rapperinnen, queere Künstler:innen und BIPoC-Musiker:innen treten auf, brechen alte Rollenbilder auf und sorgen für Sichtbarkeit von unterschiedlichsten Personengruppen.
Sie nutzen Rap, um über Selbstbestimmung, Gleichberechtigung und Vielfalt zu sprechen –
und zeigen: Hip-Hop kann auch empowern, so wie es in seinen Ursprüngen gemacht wurde.


Frauenfeindliche Begriffe werden im Vergleich zu anderen diskriminierenden Begriffen deutlich häufiger im Rap verwendet.

„Ey jo, ich sag‘ zu der Bitch, die da in Hotpants steht
‚Du sollst nicht sauer sein, doch ich will dich kochen seh‘n“
— Farid Bang, „Lutsch“ (2014)

„Warum hat denn niemand dieses Patriarchat zerbombt?
Sexism sells – Männlichkeit darf nicht zu schaden komm‘!
Frauen kriegen Kinder, Männer kriegen Geld und Anerkennung“
— Sookee, „Zusammenhänge“ (2021)
Wie unterscheiden sich die beiden Zitate?
Das Zitat von Farid Bang ist ein Beispiel für Misogynie und Sexismus, da Frauen hier auf ein traditionelles Frauenbild reduziert werden, indem ihnen die Rolle der „Hausfrau“, einer typisch weiblichen Rolle zugeteilt wird. Dagegen kritisiert die Rapperin Sookee in ihrem Song „Zusammenhänge“ genau diese Stereotype und die männlich dominierten Strukturen, unter denen Frauen leiden.
Quellen:
Grimm, Marc/ Baier, Jakob (2023): Jugendkultureller Antisemitismus. Warum Jugendliche für antisemitische Ressentiments im Gangsta-Rap empfänglich sind, Frankfurt a.M.: Wochenschau Verlag (9-19).
Sarabi, N. (2022). Zwischen Feminismus und Frauenhass: Frauen und Queers of Color im Deutschrap
Reger, M., & Weinbach, C. (ca. 2015). Männlichkeits- und Weiblichkeitskonstruktionen deutschsprachiger Rapper/-innen : Eine Untersuchung des Gangsta-Raps [Universität Potsdam; Cd]. In Soziologische Theorie und Organization Studies.
Bildquellen:
„Sookee“ von Mario Thieme (Transferred by Reinhard Kraasch/Originally uploaded by Sikk), lizensiert unter CC BY-SA 3.0.
„Farid Bang 2009 (cropped)“ vo Lars Henning Schroeder, lizensiert unter CC BY-SA 2.0.